Bezirksverordnete fühlen sich verAPPelt

bvv2 Die Tagesordnung der der 18. Tagung der Bezirksverordneten-versammlung von Pankow sah auf den ersten Blick nicht so aus, als würden sich an diesem Abend die Emotionen überschlagen. Doch dann wurde ein Antrag der Linksfraktion aufgerufen, mit dem der mittlerweile durch alle Medien gejagten „Straßensheriff-App“ in Pankow der Garaus gemacht werden sollte.

Linksfraktionär Wolfram Kempe sprach Bürgerservice-Stadtrat Torsten Kühne, der öffentlich eine Kooperation mit dem Entwicklern der App angekündigt hatte, zunächst seinen

Wolfram Kempe: "Wenn Sie ganz viel Langeweile haben..."

Wolfram Kempe: „Wenn Sie ganz viel Langeweile haben…“

Respekt aus – Respekt für den Medienwirbel, den er mit der Propagierung eines “Programms für ein intelligentes Taschentelefon” verursacht habe.

Kempe äußerte deutlich Zweifel daran, dass die geplante Applikation mit den geltenden datenschutzrechtliche Bestim-
mungen in Übereinstimmung zu bringen sei und machte sich dann über den praktischen Nutzen Gedanken: “Was war das für ein Gejammer, nur weil ein einziger Bürger 66 Anzeigen wegen Verstöße gegen das Ladenschlussgesetz geschrieben hatte.”
Schon bei diesem einen Fall hörte man aus dem Ordnungs-
amt, dass man damit die Grenze der Leistungsfähigkeit des Amtes erreicht habe. Wolfram Kempe weiter: “Nach meiner

kühneLebenserfahrung gibt es in Pankow aber mehr als 66 Falschparker.“
Kempe erinnerte daran, dass sich der Bezirk am „Maerker“ beteiligt, eine Beschwerde- und Hinweisplattform, die eigentlich schon im Sommer dieses Jahres ins Netz gestellt werden sollte.
“Wenn Sie in Ihrem Amt Langeweile haben”, fuhr der Bezirks-
verordnete den Stadtrat an, dann “sorgen Sie dafür, dass der ‘Maerker’ endlich kommt. Wenn Sie ganz viel Langeweile habe, dann reden Sie mit Ihrem Parteifreund, dem Innensenator, damit er die Stellen für den Allgemeinen Ordnungsdienst aufstockt. Und wenn das noch nicht reicht, können Sie sich Tag und Nacht um die Motivation der Mitarbeiter der Parkraumbewirtschaftung kümmern.” Der hohe Krankenstand lasse vermuten, dass dort einiges im Argen liege.
 

„Werbebüttel für private Investoren“

Mike Szidat: "Erinnert an die 'Freiweilligen Helfer der Vollkspolizei"

Mike Szidat: „Erinnert an die ‚Freiweilligen Helfer der Vopo“

Mike Szidat (SPD) fühlte sich bei der „Straßensheriff-App“ an die „Freiwilligen Helfer der Volkspolizei“ erinnert, die in der DDR als eine Art Hilfspolizei agierten.

Sein Fraktionskollege Roland Schröder nannte den Bezirks-
stadtrat einen „Werbebüttel für private Investoren“. Schröder weiter: „Sie sind nicht Werbeträger, sondern Stadtrat. Wenn Sie mit uns debattieren wollen, dann reden Sie erst mit uns und nicht mit der Presse.“

Etwas moderater äußerte sich die Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen Daniela Billig. Sie erklärte, dass ihr in der Funktionsweise der App vieles nicht klar sei. Sie beantragte für ihre Fraktion die Überweisung des Antrags in den Verkehrs-

Torsten Kühne: "Sinnvolle Schnittstellen"

Torsten Kühne: „Sinnvolle Schnittstellen“

ausschuss, um dort erst einmal in Erfahrung zu bringen, was es mit dieser Applikation nun tatsächlich auf sich habe.

Bezirksstadtrat Torsten Kühne reagierte auf die Angriffe mit einer recht emotionalen Rede.
Die „Straßensheriff-App“, erklärte Kühne, sei von den Initiatoren nicht für Pankow geplant, sondern für Deutschland. Sie käme – wenn die die Finanzierung über eine Crowdfunding-Plattform gesichert sei – so oder so. Er habe sich dafür engagiert, um Einfluss auf die Funktionsweise zu nehmen. Denn mit Fotos von Falschparkern – wie ursprünglich vorgesehen – könne das Ordnungsamt nichts anfangen. Es gehe ihm bei der Kooperation darum, zur Entwicklung „sinnvoller Schnittstellen“ beizutragen.
Vor allem aber sei ihm daran gelegen, bei den Bürgern ein Bewusstsein für Fehlverhalten zu entwickeln, das in vielen Fällen zu gering ausgeprägt sei. Eine solche App könne dazu beitragen, die Bürger dafür zu sensibilsieren.

Die Abstimmung fiel dann denkbar knapp aus. Mit dem Ergebnis von 26:25 Stimmen wurde der Antrag zur weiteren Behandlung in den Ausschuss für Verkehr und Ordnung überwiesen.
 
Vorsitzender des Ausschusses ist Wolfram Kempe.

 

 

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