…wenn ich König von Pankow wär…

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Die Partei Bündnis 90/Die Grünen will „stärkste Kraft bei den Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im September 2016“ werden. In einem vom Kreisvorstand der Partei eingebrachten Antrag, der am Dienstag von der Mitgliederversammlung einstimmig beschlossen wurde, heißt es unter anderem: „Dafür werden wir aktiv den Anspruch auf das Amt des Pankower Bezirksbürgermeisters formulieren.“ De facto stellt dieser Beschluss eine Art vorgezogene Nominierung des bündnisgrünen Stadtrats Jens-Holger Kirchner dar.

 

Soziale Infrastruktur hinkt wegen fehlender Flächen dem Wohnungsneubau hinterher

In einem Vortrag zog Kirchner eine Bilanz der bisherigen kommunalpolitischen Arbeit, in der naturgemäß sei eigenes Wirkungsfeld – die Stadtentwicklungspolitik – einen großen Raum einnahm.
Er wies darauf hin, dass die Schaffung von sozialer Infrastruktur – Schulen, Kitas, Spielplätze etc. – hinter dem intensiv betriebenen Wohnungsneubau und dem damit verbundenen Bevölkerungswachstum weit hinterherhinkt. Verantwortlich für dieses Missverhältnis ist nach Kirchners Meinung der Senat, der nicht ausreichend Grundstücke dafür zur Verfügung stelle.

Ausgeblendet blieben dabei allerdings die eigenen Versäumnisse – so etwa die den Bezirk wohl noch auf Jahrzehnte belastende Fehlentscheidung, das unbeplante Gebiet des einstigen Güterbahnhofs Greifswalder Straße für eine Reduzierung des jetzt schon erheblichen Infrastrukturdefizites zu nutzen und stattdessen im dicht besiedelten Stadtteil Prenzlauer Berg den strukturellen Notstand mit der Genehmigung zur Errichtung von rund 500 Wohnungen weiter anzuheizen.
 

Kritik an mangelnder Entscheidungsfreude des Senats

Kirchner bekräftige die Ablehnung der Bebauung der Elisabethaue bei Blankenfelde: „Dazu gibt es eindeutige BVV-Beschlüsse.“ Gleichzeitig machte er sich jedoch keine Illusionen darüber, dass die Ablehnung den Senat in irgend einer Weise beeindrucken könnte.

Als Voraussetzung für die Errichtung von Neubauvierteln nannte Kirchner die Erreichbarkeit durch den schienengebundenen öffentlichen Nahverkehr, sprich Straßenbahn. Die Planungen dafür dauerten jedoch viel zu lange – so würden bis zur Realisierung einer neuen Tramstrecke schon mal zwanzig Jahre vergehen.

Überhaupt zeigte sich der Pankower Stadtentwicklungsstadtrat mit dem Entscheidungsgeschwindigkeit auf Landesebene unzufrieden. Zuweilen gebe es unklare Entscheidungsstrukturen, durch die geplante Investitionen unnötig verzögert werden. Doch selbst dann, wenn alles glatt laufe, könne es zehn Jahre dauern, bis eine benötigte Schule tatsächlich auch gebaut wird. Als Konsequenz forderte er ein „Bündnis für Schulneubau“, damit der Neubau von Schulen mit dem Bevölkerungszuwachs Schritt halten kann.
 

„Wir stecken den Stecker wieder rein“

Die Zusammenarbeit in der Zählgemeinschaft (das ist eine Art Koalition auf Bezirksebene) mit der SPD bezeichnete Kirchner als insgesamt zufriedenstellend. Es habe während der gesamten Legislaturperiode lediglich zwei Demütigungen durch den sozialdemokratischen Partner gegeben. Eine wäre die Verhinderung des „Eco Mobility Festivals“ im Sommer vergangenen Jahres gewesen. Die stecke ihm jetzt noch in den Knochen.

Stadtrat Jens-Holger Kirchner wollte damals im Rahmen eines Elektroauto-Festivals den Helmholtzkiez für vier Wochen von jeglichen Verbrennungsmotoren befreien. Als die Sache durch einen Zeitungsbericht ruchbar wurde (selbst seine Bezirksamtskollegen hatte er zuvor nicht informiert), war ein kollektiver Aufschrei aus allen anderen Parteien, als auch aus dem betroffenen Kiez selbst zu hören. Bezirksbürgermeister Matthias Köhne twitterte noch aus der Bezirksamtssitzung heraus: „Das Bezirksamt hat heute dem Projekt autofreies Helmholtzquartier den Stecker gezogen.“ Das mediale Echo war beachtlich…
Nun rief Kirchner seinen Parteifreunden zu: „Im nächsten Jahr werden wir den Stecker wieder reinstecken!“

 

Keine Festlegung auf einen künftgen Zählgemeinschaftspartner

Mit wem der Stecker wieder reingesteckt werden soll, blieb aber unklar. Auf alle Fälle wolle man sich nicht von vornherein auf die SPD festlegen.
Über mögliche Bündnisse mit anderen Parteien äußerte sich Kirchner jedoch nur vage. Mit der CDU gäbe es nur wenig Übereinstimmungen – aber man müsse sehen, wer sich dort letztendlich durchsetze. Die Linken setzten auf Verweigerung, fänden damit jedoch durchaus Widerhall. In sozialen Angelegenheiten und erst recht in in Bezug auf die Flüchtlingsproblematik arbeite man jedoch sehr gut zusammen.
Die Piraten hingegen seinen für ihn eine Enttäuschung auf der ganze Linie gewesen.
 
So bliebe nach Kirchners kurzem Rundumschlag den Grünen letztlich nur noch die Möglichkeit, mit absoluter Mehrheit ins Bezirksparlamentarlament einzuziehen. Aber das – ließ er seine Zuhörer wissen – liegt wohl außerhalb aller Realitäten.

Um selbst den König von Pankow – pardon! – den Bezirksbürgermeister stellen zu können, wird letztlich wohl doch der eine oder andere politische Konkurrent gewonnen werden müssen.

 

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6 Kommentare zu “…wenn ich König von Pankow wär…”

  1. Mir grauts vor kreuzhainer Zuständen, z.b. Gerhardt Hauptmann Schule

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  3. Heuchler, der Herr Kirchner! Was hat er jeh in Krisengeschichten bewirkt? Feige und bezahlt von wem auch immer…Schande für einen Grünen…

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    • Em We via Facebook

      Okt. 08. 2015

      neinnein…so sind die grünen doch schon sehr, sehr lange.
      insofern is er keine schande mehr für diese partei.
      vor zwanzig jahren wäre er dies vielleicht noch gewesen, inzwischen is er der durchschnitt. leider!

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  4. suffi

    Okt. 15. 2015

    Bloß nicht diesen Nielson, da war der farblose Norddeutsche Köhne ja fast ein Segen, dieser JHK hat doch sein Peter-Prinzip-Level bereits in vollem Umfang ausgeschöpft…

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  5. Preussi

    Okt. 23. 2015

    Die Gründe des notwendigen Parteiwechsels unseres HJ Nilson, von den Bündnis90/Die Grünen zur SPD, können Sie der folgenden Presseerklärung entnehmen: http://preussi.de/?p=109

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