Mauernde Park-Betonierer

mauer spallekPolitik ist zuweilen so, wie Klein-Moritz sie sich vorstellt: Vorne im Parlament wird ein bisschen palavert – entschieden aber wird im Hinterzimmer von ein paar dunklen Gestalten. Die brauchen die „Quasselbude“ (© Otto von Bismarck) höchstens als demokratische Dekoration. Zur Not gehts eben auch ohne.

Das Parlament ist in diesem Falle die Bezirksverordneten-
versammlung (BVV) von Berlin-Mitte und das Hinterzimmer der Tagungsraum des Bezirksamtes Mitte.

Nachdem ein Eil-Antrag , der die Massivbebauung des Mauerpark-Nordteils und den Verkauf der Gewerbeflächen

Bezirksverordnete der BVV Mitte (hier während einer Sitzungspause am 14. Juni): Für das Bezirksamt nur zu vernachlässigende Statisten.

im Süden trotz „Dringlichkeit“ bei der letzten BVV-Tagung vor der Sommerpause wegen fehlender Zeit nicht mehr im Bezirksparlament verhandelt werden konnte und deshalb auf den 23. August vertagt wurde, hat das Bezirksamt von Mitte nun großzügig auf Debatte und Abstimmung in der BVV verzichtet und schritt selbst zur Tat. Bereits am Dienstag vergangener Woche beschlossen die Bezirksstadträte von Mitte, das vom Eigentümer CA Immo Gewünschte nun ohne Votum der gewählten Bezirksverordneten in die Tat umzusetzen: Die Unterzeichnung eines “Städtebaulichen Vertrages” mit der Zusage an die CA Immo, eine Bebauung in der Größenordnung von knapp 60.000 qm Geschossfläche zu genehmigen.
Ganz wohl schien der Bezirksverwaltung bei ihrem Coup nicht gewesen zu sein: Weder im Vorfeld der turnusmäßigen

Carsten Spallek:
Mag den Beschluss nicht selbst kommunizieren

Bezirksamtssitzung, noch in den Tagen danach wurde etwas über den Beschluss verlautbart. Das Bezirksamt mauerte – und selbst heute, fast eine Woche später, blieben die Auskünfte vage.

Keine Lust auf Kommunikation

So war der zuständige Bezirksstadtrat Carsten Spallek schon mal gar nicht zu sprechen, und in seinem Büro wollte man erst einmal „recherchieren, wer das kommunizieren darf“. Spalleks Mitarbeiterin Kristina Scardino bestätigte schließlich einen vorwöchigen Beschluss zum Mauerpark. Das war’s dann aber auch: Alles andere würde die Pressestelle des Bezirksamtes erklären.
Doch die war unbesetzt…
Aber nicht nur Medienanfragen zum konkreten Bezirksamtsbschluss blieben unbeantwortet – auch die Bezirksverordneten von Mitte wurden vom Bezirksamt nicht informiert. So erkärte Sven Diedrich von der Linkfraktion in Mitte gegenüber der Prenzlberger Stimme, dass es bisher keine offizielle Mitteilung an die gewählten Volksvertreter gegeben habe.

Jens-Holger Kirchner: Inhalt des Beschlusses ist Pankow noch nicht zur Kenntnis gegeben worden.

Überrascht vom Handstreich in Mitte wurde auch die Pankower Bezirkspolitik. Stadtentwicklungsstadtrat Jens-Holger Kirchner, der den derzeit urlaubenden Bezirksbürgermeister vertritt, teilte mit, dass dem Bezirksamt Pankow bisher nichts Substantielles über den Beschluss von Mitte vorliegt. Aber: Das hiesige Stadtentwicklungsamt habe mit der entsprechenden Behörde von Mitte bereits Kontakt aufgenommen. Angesichts der mageren Nachrichtenlage könne Pankow noch keine offizielle Stellungnahme zu der Angelegenheit abgeben. Sobald jedoch das Bebauungsplanverfahren in Mitte aufgenommen wird, werde der Bezirk “als Träger öffentlicher Belange” seine Haltung in das Verfahren einbringen.

Bis zum 23. August sollen Tatsachen geschaffen werden

Warum die Akteure in Mitte auch nach vollzogenem Coup weiterhin eine derartige Geheimniskrämerei betreibt, scheint beim ersten Hinsehen nicht unbedingt verständlich. Denn wie die Prenzlberger Stimme erfuhr, ist der Bezirksamtsbeschluss weitestgehend identisch mit dem vertagten Antrag (siehe Download unten) vom 14. Juni.

Allerdings war aus dem Umfeld von Mittes Bezirksstadtrat Carsten Spallek zu vernehmen, dass jener Beschluss nur der Einstieg ist. So soll der “Städtebauliche Vertrag” mit der Immobilienfirma CA Immo noch vor der ersten BVV-Tagung nach dem Ende der Sommerpause im August unter Dach und Fach gebracht werden. Zwar würde den Bezirksverordneten beide Papiere dann auf der Sitzung vorgelegt werden – jedoch nicht zur Abstimmung, sondern nur noch zur Kenntnisnahme.

Das Bebauungsplanverfahren aber würde erst später folgen.

Und würde sich dann im Laufe des B-Planverfahrens herausstellen, dass die gemachten Zusagen betreffs der Bebauung und der Bebauungssdichte nicht haltbar sind, wäre für die CA Immo eine satte Entschädigungszahlung fällig.
Das Bezirksamt von Mitte ist also derzeit bestrebt, dem Immobilienkonzern einen höchstmöglichen Gewinn zu sichern. Zur Not auch auf Kosten des Landes Berlin.
So wird auch verständlich, warum die Öffentlichkeitsscheu der beteiligten Bezirkspolitiker von Mitte in Sachen Mauerpark-Beschluss auch nach dem Gelingen des Coups einfach nicht weichen will.

 

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Kommentar zu “Mauernde Park-Betonierer”

  1. Kiezschreiber

    Jul 03. 2012

    Speedy Spallek wird seine politische Karriere im Mauerpark begraben. Hektik statt Strategie, wie üblich bei Politikern und Geschäftsleuten …

    Reply to this comment

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