Bündnisgrüne: Als Zweite im Ziel, aber trotzdem das Bürgermeisteramt im Visier

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In welcher Konstellation wäre es am ehesten möglich, doch noch das Amt des Bezirksbürgermeisters zu besetzen? Diese Frage beschäftigte gestern die bisherigen und die neuen Bezirksverordneten der Partei Bündnis 90/ Die Grünen.

Die Bündnisgrünen, die ihren Wahlkampf um die Sitze in der Bezirksverordnetenversammlung stark auf die Person ihres „Bürgermeisterkandidaten“ Kirchner zugeschnitten hatten, belegten nur den zweiten Platz im Rennen um die Mehrheit im Bezirksparlament.

Da die Bezirksämter keine politische „Regierung“ sind, werden die Bürgermeister- und Stadtratsposten entsprechend den Wahlergebnissen vergeben.
Allerdings hatte man Anfang der 1990er Jahre eine Ausnahme ins Gesetz aufgenommen: Die sogenannte Zählgemeinschaft. Danach kann von der Regel „die stärkste Fraktion stellt den Bürgermeister“ abgewichen werden, wenn sich andere Fraktionen zusammenschließen, um aus ihren Reihen den Bürgermeister zu küren. Eingeführt wurde dieser „Systembruch“ gegen das Proporzverfahren , um im Ostteil der Stadt PDS-Bürgermeister zu verhindern.

Zählgemeinschaftsähnliche Verträge werden von den Parteien auf Bezirksebene auch über die Wahl des Bezirksamtes hinaus abgeschlossen, etwa wenn keine Partei über die absolute Mehrheit verfügt. Dies geschieht dann, um etwa bestimmten politische Projekten zu Mehrheiten zu verhelfen.
In Pankow waren in der vergangenen Legislaturperiode die SPD und die Grünen in einer solchen Zweckgemeinschaft verbunden.
 
 

Diesmal gehts nur im Dreierpack

Diesmal würde – so wie auf Landesebene – eine Zweiergemeinschaft jedoch nicht ausreichen, um 50 Prozent plus eine Stimme in der BVV zusammenzubekommen.

Dass die Linkspartei nach ihrem fulminanten Durchmarsch von Platz Drei zur Spitze freiwillig auf das Amt des Bezirksbürgermeisters verzichten könnte, glaubt Kirchner nicht: „Die laufen im Moment alle durch die Gegend, als hätten sie Rasierklingen unter ihren Achselhöhlen“.

Und also deklinierten die alten und neuen bündnisgrünen Bezirksverordneten alle Konstellationen durch, mit denen man vielleicht doch noch selbst den Bürgermeister von Pankow stellen könnte.

Dass sich dafür am ehesten eine Zählgemeinschaft mit Grünen, CDU und SPD eignen würde, lag auf der Hand. Jedoch wurden Befürchtungen laut, dass sich die Wahlsieger ob einer solchen Verbindung düpiert fühlen könnten – mit entsprechenden Konsequenzen in der Zusammenarbeit.
Dass es auch eine Geneinschaft ganz ohne Grüne, dafür mit Linken, SPD und CDU geben könnte – ein Bezirksverordneter nannte das eine „Koalition der Strukturkonservativen“ – war den Anwesenden ebenso bewusst und wurde als eher unvorteilhaft bewertet.
Bemerkenswert war, dass nicht wenige der Anwesenden einem Zusammengehen mit der SPD eher skeptisch gegenüberstanden. Als Grund wurde das mehrfache Ausscheren der Sozialdemokraten aus dem Zweierbündnis der vorangegangenen Legislaturperiode genannt. Eine führungsschwache SPD-Fraktionsvorsitzende Rona Tietje habe es nicht vermocht, bei einigen ihrer Fraktionsmitglieder die Vertragsdisziplin durchzusetzen.
Bei den Christdemokraten – hieß dagegen unwidersprochen – konnte man sich auf das gegebene Wort stets verlassen.

 

Keine Ausgrenzung der AfD

Auch das unerwartet gute Abschneiden der „Alternative für Deutschland“ (AfD), mit dem die Partei den Anspruch auf einen Stadtratsposten erlangte, spielte auf der Sitzung eine Rolle.

„Ich werde keinen Nazi wählen“, sagte der neugewählte Bezirksverordnete Oliver Jütting. Aber in der Partei gäbe ea ja auch Professoren, „die – warum auch immer – es vergessen haben, auszutreten.“

Ein AfD-Stadtrat, da war man sich weitgehend einig, sollte nicht nur mit einem symbolischen Arbeitsgebiet ausgestattet werden. Allerdings, meinte jemand aus der Runde, sollten er ein Ressorts erhelten, bei dem er mit Arbeit zugeschüttet wird, aber keinen Schaden anrichten kann.

Ein Ressort, in dem man keinen Schaden anrichten könne, erwiderte der langjährige Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner, gebe es nicht. „Und wenn es sein solches geben würde, müsste man sich ernsthaft fragen, warum es das überhaupt gibt.“

 

Jens-Holger Kirchner über die Möglichkeit, noch selbst Bürgermeister zu werden und über den Umgang mit der AfD

 

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