Großprojekt Elisabethaue: Bezirkspolitik hisst die weiße Fahne

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Es Stück aus dem Kuriositätenkabinett: Im September dieses Jahres wurde Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung quasi en passent über Pläne zur Bebauung der Elisabethaue informiert. Kirchner gab die Information in einer öffentlichen Sitzung des BVV-Auschusses für Stadtentwicklung an die Bezirksverordneten weiter. Doch offensichtlich war die dabei genannte Anzahl von 5.000 Wohnungen nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Denn drei Wochen später ruderte der Stadtrat bei der Beantwortung einer Kleinen Anfrage des Linksfraktionärs Michail Nelken erst einmal wieder zurück:

„Der Bereich der Elisabethaue wird im Stadtentwicklungsplan Wohnen 2025, Senatsbeschluss vom 08.07.2014, als nachrangig zu entwickelnder Einzelstandort (Zeithorizont nach 2025) mit 1.800 Wohneinheiten dargestellt. Eine Anzahl von 5.000 Wohneinheiten ist hier nicht vorgegeben. Eine Quelle für eine Planungsannahme von 5.000 Wohnungen ist nicht bekannt.

Doch auf der jüngsten Sitzung des Pankower BVV-Ausschuss für Stadtentwicklung und Grünanlagen war klar, dass diese Aussage nur fürs Schaufenster gemacht wurde – die Zahl von 5.000 Wohneinheiten blieb auch vom Stadtrat die unwidersprochene Grundlage der Diskussion.

 

Beschlusslage des Bezirks nur noch Makulatur

Dabei ist die aktuelle Pankower Beschlusslage eine andere: Als im vergangenen Jahr die Abstimmungen zwischen dem Bezirk Pankow und dem Land Berlin zum neuen “Stadtentwicklungsplan (StEP) Wohnen” im Gange waren, verabschiedete die Bezirksverordnetenversammlung von Pankow einen Beschluss, in dem es unter anderem hieß, das Bezirksamt möge sich beim Senat dafür einsetzen:

Auf die Einbeziehung der Gesamtfläche Elisabethaue und der Bereiche Französisch-Buchholz-Nord (nordöstlich der Hans-Schumacher-Straße), Buch V (südlich der Moorlinse), Karow (südlich der Laake, Lindenberger Weg, östlich Straße 33) und nördlich/südlich Blankenburger Pflasterweg ist zu verzichten.”

Knapp eineinhalb Jahre später ist die Willensbekundung des Pankower Bezirksparlaments nur noch Makulatur.
Nachdem die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt quasi im Handstreich und unter Umgehung der Bezirkspolitik entschieden hatte, auf der Elisabethaue eine Großsiedlung zu errichten (die Prenzlberger Stimme berichtete), hisst die Bezirkspolitik nun die weiße Fahne.

Als Fahnenträger marschierte der Vorsitzende des Pankower BVV-Ausschusses für Stadtentwicklung Roland Schröder (SPD) vorneweg. In einem Antragsentwurf, den er in der Ausschusssitzung zur Diskussion stellte, heißt es nun:

„Die BVV Pankow ist in Erweiterung des Beschlusses VII-0365 bereit, die umfassende Bebauung der Elisabethaue zur Errichtung eines neuen Stadtteils zu unterstützen und planerisch zu begleiten… “

 

Elisabethaue als „Ersatzfläche“ für das Tempelhofer Feld

Bevor im Pankower Stadtentwicklungsausschuss über das Schröder-Papier diskutiert wurde, stellte der Pankower CDU-Fraktionsvorsitzende Johannes Kraft erst einmal die Grundsatzfrage: Was hat sich seit dem Beschluss der BVV, in der Elisabethaue nur einer Straßenrandbebauung zuzustimmen, eigentlich so grundlegend geändert, dass nun diese plötzliche 180-Grad-Wende gerechtfertigt wäre?
Die Antwort kam von Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner- „Es gab einen Volksentscheid zum Tempelhofer Feld.“ Da dort nun keine Wohnungen mehr gebaut werden können, habe die Senatsverwaltung andere „Potenzialflächen“ ins Visier genommen.

Klar ist, wenn der Senat ein Verfahren an sich zieht, hat der Bezirk praktisch nichts mehr zu melden.
Und so lautete das Credo der Mehrheit der Ausschussmitglieder nun: „Wenn wir es nicht verhindern können verhindern können, müssen wir versuchen, es mitzugestalten.“

Daran sollen nach dem Willen der Bezirksverordneten allerdings einige Bedingungen geknüpft werden.
 

Planungsfehler von „Karow Nord“ sollen vermieden werden

Neben solchen Selbstverständlichkeiten wie die Einhaltung der Bestimmungen des Baugesetzbuches zur Bauleitplanung und dem Umweltschutz, der parallelen Errichtung der sozialen Infrastruktur wie Schulen und Kindergärten, wird auch eine Anbindung des neuen Stadtteils an das Straßenbahnnetz gefordert.
Wenigsten 50 Prozent der Wohnungen sollen „barrierearm“ sein, ein Drittel des entstehenden Wohnraumes soll „für Haushalte mit niedrigem Einkommen“ bereit gestellt werden.“
Einen Beschluss des Ausschusses wurde noch nicht gefasst.
Fehler, so hörte man es von Seiten der SPD und den Grünen, wie sie bei der Errichtung der Großsiedlung Karow Nord gemacht wurden, sollten so vermieden werden.

Spätestens auf der nächsten Bezirksverordnetenversammlung am 27. November soll die Stellungnahme der Pankower Bezirksverordneten beschlussreif sein.

Ob sich die Landesverwaltung jedoch überhaupt hineinreden lässt, ist eher fraglich. Die Erfahrungen, die bisher im Bezirk mit der Stadtentwicklungspolitik des Senates gemacht wurden, sprechen nicht unbedingt dafür. So streitet die Pankower Bezirkspolitik bereits seit Jahren gegen das Vorhaben, eine Art Autobahnbrücke von der Granitzstraße über die Berliner Straße hinweg zur Mühlenstraße zu bauen. Doch unbeirrt davon taucht dieses „POW“ (Planstraße Ost-West) genannte Monstrum auch in den neuesten Planungsskizzen der Senatsverwaltung wieder auf.

 

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