Pankower SPD hadert mit dem Wahlergebnis

002Der Ausgang der Bundestagswahlen und die daraus möglichen Konsequenzen bringen Unruhe in die mitgliederstärkste Parteigliederung des Bezirks. In einem Brief an die rund 1.600 Pankower SPD-Mitglieder hatte der SPD-Kreisvorsitzende Alexander Götz zwar eingestanden, dass er in den letzten Wochen vor der Wahl “ein weitaus besseres Gefühl und höhere Erwartungen hatte, was das Abschneiden der SPD insgesamt und hier bei uns in Pankow anbetrifft”. Freuen sollte sich die Genossen dennoch. Und zwar darüber, dass die SPD-Kandidaten Klaus Mindrup (Pankow) und Cansel Kiziltepe (Friedrichshain/Prenzlauer Berg) über die Landesliste in den Bundestag eingezogen sind.

Die auf Platz vier und fünf der Liste Gesetzten wären allerdings erst bei einem Berliner SPD-Ergebnis zwischen 15 und 17 Prozent draußen geblieben.

Pankower SPD- Chef Alexander Götz:  Verschwurbeltes Werben für eine Große Koalition

Pankower SPD- Chef Alexander Götz:
Verschwurbeltes Werben für eine Große Koalition

Selbstkritik sucht man in dem Brief vergeblich, stattdessen heißt es dort: „Natürlich müssen wir in den kommenden Wochen und Monaten insgesamt, aber auch bei uns vor Ort gucken, was wir besser machen können.“ Und in etwas eigentümlich unentschlossener Grammatik schreibt der Pankower SPD-Chef weiter: „Und es gilt noch immer, dass das Bessere der oder die Feindin des Guten ist.“

So unschlüssig er ist, sich festzulegen, ob „das Bessere“ nun männlich, weiblich oder sächlich ist, so eiertänzerisch sind seine Äußerungen zu einer möglichen „Großen Koalition“ mit der CDU.
Natürlich wolle sich keiner „als Steigbügelhalter für Frau Merkel befleißigen“, es helfe aber wenig, wenn man darauf beharre, „dass der Partei eine Koalition mit Frau Merkel nicht zuzumuten und die Grünen an der Reihe seien.“ Denn die Grünen, so Alexander Götz weiter, hätten sich mit zahlreichen Rücktritten für die nächste Zeit in die Handlungsunfähigkeit verabschiedet. Andererseits „beginnt schon das mediale Trommelfeuer, das die SPD an ihre staatspolitischen Pflichten erinnert.“

Heiko Kretschmer:  "Ein bundesweit in dieser Form  einmalig schlechtes Ergebnis im Wahlkreis Pankow"

Heiko Kretschmer: „Ein bundesweit in dieser Form einmalig schlechtes Ergebnis im Wahlkreis Pankow.“ Foto: J + K

„Bevor Ihr über die Frage einer Großen Koalition debattiert, (…) wäre es m.E. nach mal an der Zeit, ein bundesweit in dieser Form einmalig schlechtes Ergebnis im Wahlkreis Pankow zu analysieren“, machte Heiko Kretschmer in einer Antwort an den „lieben Vorstand“ seinem Ärger Luft. Kretschmer ist Geschäftsführender Gesellschafter der Agentur „Johanssen + Kretschmer“, die die Bundestags-
wahlkampfkampagne der SPD begleitet hatte. „Ein überdurchschnittliches Plus bei den Zweitstimmen und ein dramatisches Minus bei den Erststimmen muss einer Volkspartei erst einmal gelingen.“
Kretschmer führte diese „Leistung“ auch auf eine Pankower Besonderheit zurück: „Ich kenne in meinem Bekanntenkreis, so die betreffenden Personen in besagtem Wahlkreis wohnen, nur ausnahmslos Menschen, die mit der Zweitstimme SPD gewählt haben und die Erststimme bunt verteilten, aber nur den SPD-Kandidaten nicht gewählt haben. Immer wieder wurde darüber gesprochen, wie ungewöhnlich es doch sei, dass der Parteiapparat einen blassen Kandidaten gegen den Basiswillen für eine junge Frau durchgesetzt habe.“

Heiko Kretschmer hatte seinen Brief an den Pankower SPD-Kreisvorstand auf Facebook veröffentlicht und löste damit eine heftige Diskussion aus.
Doch auch außerhalb der sozialen machen die Pankower SPD-Mitglieder Ihrem Ärger Luft.
 

„Nur noch dritte Liga“

Helmut Hampel: "Über Rücktritte sollte man nachdenken."

Helmut Hampel: „Über Rücktritte sollte man nachdenken.“

So schrieb ein in der Öffentlichkeit nicht genannt sein wollender Genosse an seinen Vorsitznden Alexander Götz:: „Das Wahlergebnis vom 22. September empfinde ich für den Wahlkreis 76 als desaströs.“ Er begründet dies unter anderem damit, dass die Pankower SPD im Vergleich zur Bundestagswahl 2009 19,21 Prozent an Erststimmen verloren hat. „Bei so einem Wahlergebnis wie vom 22.9. und der Vorgeschichte in der Nominiererung des Kandidaten muss sich m.E. die Partei fragen lassen, ob sie bei dieser Entscheidung richtig gelegen hat, ob sie die richtigen Prioritäten bei der Bewertung der Kandidaten getroffen hat… .“

Auch der ehemalige Pankower SPD-Fraktionsvorsitzende Helmut Hampel sieht in der Art und Weise der Kandidatenaufstellung einen gewichtigen Grund für das blamable Abschneiden seiner Partei: „Liebich (der siegreiche Kandidat der Linkspartei – ODK) wurde von seiner Parteibasis gewählt. Mindrup nicht. Er war der Kandidat einer Gruppe im Parteivorstand. Sie hat offenbar auf den falschen gesetzt.“
Von den Verantwortlichen fordert der SPD-Veteran Konsequenzen: „Ein solches Wahlergebnis unter Umständen Schönzureden, geht an der Wirklichkeit vorbei. Auch über einen eventuellen Rücktritt sollte man nachdenken. Sonst spielen wir bei den nächsten Wahlen wieder nur in der dritten Liga.“

Am 18. Oktober trifft sich Pankower Parteibasis zu einer Mitgliedervollversammlung. Langeweile dürfte dort kaum aufkommen.

 

 

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kommentar zensiert1Entgegen der sonstigen Gepflogenheiten der Prenzlberger Stimme beibt die Kommentarfunktion für diesen Artikel geschlossen. Der Grund: Dieser Artikel nimmt auf den Pankower SPD-Politiker, Mitglied des Berliner Landesvorstandes der SPD und Bundestagsabgeordneten Klaus Mindrup Bezug.Klaus Mindrup4
Mindrup hatte in den Kommentaren eines ihn betreffenden Artikel Behauptungen zu seiner Person als unzutreffend angesehen. Anstatt die ihm gebotenen Möglichkeiten einer Richtigstellung in seinem Sinne zu nutzen, zog er es vor, diese Äußerungen gerichtlich verbieten zu lassen. Näheres über die juristische Attacke des SPD-Politikers gegen die Prenzlberger Stimme ist hier zu lesen ==>

 



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