Eine „unglaubliche Schweinerei“ namens Pankower Nachtragshaushalt

schweinereiDie Debatte um den Nachtragshaushalt des Bezirkes neigte sich dem Ende entgegen, da trat Dieter Stenger ans Pult. Auf jeder BVV-Tagung, so polterte das CDU-Urgestein, werde über den baulichen Zustand der Schulen gejammert und darüber, dass sie den nötigen Brandschutzanforderungen nicht genügen, weil zweite Fluchtwege fehlten. Dennoch setze das Bezirksamt als Investitionsmittel vorgesehene Gelder für den Schuldenabbau ein. Stenger: “Das ist eine unglaublichen Schweinerei!”
Anlass für den Temperamentsausbruch des Christdemo-
kraten war die Haushaltsrede von Bezirksbürgermeister Matthias Köhne.

Matthias Köhne:
Investitionsmittel zur ”Konsolidierung” eingesetzt

Der Bezirksamtschef, der Zugleich auch der “Finanzminister” von Pankow ist, hatte bei Vorstellung des Haushaltsergän-
zungsplanes für 2013 angekündigt, dass der Bezirk künftig knapp ein Drittel der bezirklichen Investitionsmittel sowie die Hälfte der Überschüsse aus der Parkraumbewirtschaftung zur Tilgung von im Jahr 2002 entstandene Schulden einsetzen werde. Dies sei notwendig, weil das Land Berlin, das dem Bezirkshaushalt zustimmen muss, ein Konsolidierungs-
konzept zum Abbau jener Schulden verlangt habe. Sollte der Bezirk dem nicht nachkommen, drohe Pankow ab Januar erneut die sogenannte Vorläufige Haushaltswirtschaft, also eine Art Haushaltssperre. Mit dem nun erstellten Konzept sei es möglich, die Schulden von derzeit 24,9 Millionen Euro bis zum Ende der Legislaturperiode auf unter zehn Millionen Euro abzubauen

Kritik von CDU und LINKE

Insgesamt schätzte Bezirksbürgermeister die Pankower Haushaltssituation als weniger dramatisch ein, als sie zu Beginn dieses Jahres noch erschien.
Zwar sei durch die nicht erfolgte Abgabe des Bezirksamtsgeländes an der Fröbelstraße an den Liegenschaftsfonds keine Befreiung von den entsprechenden“kalkulatorischen Kosten” – einer Art fiktiver Miete für selbstgenutzte bezirkliche Immobilien – möglich gewesen, so dass für 2013 eine zusätzliche Belastung in Höhe von 1,9 Millionen Euro entstanden sind; andererseits erhalte man für 2013 vom Land Berlin eine Million Euro mehr, als zuvor angenommen. Für 2013 sei nur noch ein Defizit von rund 300.000 Euro “aufzulösen”.
Als positiv vermerkte Pankows Bürgermeister darüber hinaus, dass der Bezirk nur noch etwas mehr als dreißig Stellen einsparen müsse, um künftig ohne Senatszustimmung eigenständig Personal einzustellen.

Johannes Kraft: Wir leben von der Substanz

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Johannes Kraft konnte die Zufriedenheit des Bürgermeisters nicht nachvollziehen. “Sie stellen sich hier hin, und loben sich selbst!”
Die vorgesehene Abgabe von bezirklichen Immobilien wie jene des Kulturareals am Thälmannpark habe bisher nicht funktioniert, andererseits würden Lernmittel für Privatschulen und Leistungen für Asylbewerber gekürzt.
1,6 Millionen Euro, die für die Instandhaltung von bezirklichen Baulichkeiten dringend benötigt werden, gingen nun in die Schuldentilgung; Investitionen seien heruntergefahren worden. Johannes Kraft: “Wir leben von der Substanz!”
Nicht nachvollziehbar sei es für ihn, dass trotz der zusätzlichen Million vom Land immer noch ein Defizit vorhanden sei. Und was die zukünftige Möglichkeit von eigenständigen Personaleinstellung betrifft: Das sei keine Leistung des Bezirkes, dies sei vom Senat so entschieden.

Michael van der Meer: Das ist keine Konsolidierung

Michael van der Meer, Vorsitzender der Linksfraktion, erinnerte an die Art des Zustandekommens des von der rotgrünen Kooperationsgemeinschaft erstellten Doppel-
haushaltes 2012/13: Man habe über eine Pressekonferenz davon erfahren, dass Rot-Grün einen entsprechenden Antrag in die BVV einbringen wollte. Jener Punkt des Haushalts, den die Linksfraktion abgelehnt habe die Schließung der Seniorenfreizeitstätte Stille Straße – sei schließlich in der Realität gescheitert.

Kritisch bewertete der Linkspolitiker das vom Bezirksamt aufgestellte Konsolidierungskonzept. Dies sei Konsoldierung, sondern ein „Verfrühstücken“ der bezirklichen Substanz.
 
Bemerkenswert war der Beitrag von Jan Schrecker, dem neugewählten Vorsitzenden der Piratenfraktion. Er sei zwar mit dem Haushalt unzufrieden, werde aber trotzdem zustimmen, weil ja sonst erneut eine „Vorläufige Haushaltswirtschaft“ drohe.
Dass es zur Verabschiedung des Nachtragshaushaltes seiner Zustimmung gar nicht bedurfte, da Rot-Grün in der BVV über eine komfortable Mehrheit verfügt, hatte dem Chefpiraten offenbar noch keiner erzählt.

 

 



Kommentar zu “Eine „unglaubliche Schweinerei“ namens Pankower Nachtragshaushalt”

  1. additiv

    Nov 12. 2012

    Öhm, ja, ne. Soweit ich weiß sind die Lernmittel und die Asylbewerberleistungen in der Höhe direkte Zuweisungen des Senats, insoweit lässt sich das dann wohl unter den letzten Satz zum CDU Fraktionsvorsitzenden subsumieren („Das sei keine Leistung des Bezirkes, dies sei vom Senat so entschieden“.)Aber wie immer gilt im Leben, wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Klappe halt. (Was ich mir auf dieser Seite zu oft wünschen muss.)

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