Kehrtwende im Fall Kirchner?


 

Der an Krebs erkrankte und auf dem Weg der Genesung befindliche Verkehrsstaatsekretär Jens-Holger Kirchner soll nun doch nicht in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden.
Dem Vernehmen nach wollen die die Berliner Grünen über das nach Lösungsmöglichkeiten suchen, den noch nicht wieder voll einsatzbereiten Politiker die Rückkehr ins Amt zu ermöglichen.
 

Sturm der Entrüstung

Nachdem bekannt wurde, dass Senatorin Regine Günther (parteilos/für Bü90/Die Grünen) „den letzten Verkehrsexperten“ ihrer Verwaltung auf Grund seiner Erkrankung in den Ruhestand schicken und ihn stattdessen durch einen Verbraucherschützer ersetzen wollte, brach über alle Parteigrenzen ein Sturm der Entrüstung los – zumal bekannt wurde, dass Kirchner – nicht nur mit ärztlicher Billigung, sondern auf explizites Anraten des behandelnden Arztes – schon jetzt schrittweise zum Dienst zurückkehren wollte.

 
Laut Kirchner hatte es dazu ein Gespräch mit Senatorin Günther und Staatssekretär Stefan Tidow gegeben, die Kirchners Ansinnen aber zurückgewiesen haben sollen.
Auf der Sitzung des Verkehrsausschusses wollte sich aber niemand daran erinnern. Verkehrssenatorin Günther hatte es vorgezogen, statt im Ausschuss, auf einer Mobilitäts-Konferenz zu verweilen und andere wussten offenbar nicht Bescheid. So erklärte Ausschussmitglied Harald Moritz von den Grünen, dass er nichts von einem Termin wisse, an dem Kirchner zurückkehren könnte.

Dabei hatte die Entscheidung der Senatorin, Kirchner aufs Altenteil zu setzen, auch an der grünen Basis für Empörung gesorgt. Zum einen, weil es für menschlich nicht tragbar empfand, dem krebskranken, aber auf dem Weg der Genesung befindlichen Politiker Tür zu weisen, zum anderen, weil Kirchner als ausgewiesener Fachmann und konsequenter Verfechter der vom rotrotgrünen Senat verkündeten Verkehrswende gilt. Dass ihm dann auch noch ein Fachfremder nachfolgen sollte, verschärfte die allgemeine Fassungslosigkeit.
 


 
Da zumindest ein Teil des grünen Landesvorstandes der Entlassung des Staatssekretärs mitgetragen hatte, richtete sich die Wut der Basis auch gegen ihre Vorderleute.

In einem Rundbrief an die die Mitglieder versuchten die Ko-Vorsitzenden Nina Stahr und Werner Graf, die wütenden Mitglieder zu beschwichtigen:
 


„(…)ist nicht absehbar, wann Nilson zurückkehren kann. Daher hat sich unsere Verkehrssenatorin Regine schweren Herzens dafür entschieden, eine Nachfolge anzustreben. Wir unterstützen sie in dieser Entscheidung, die sie alles andere als leichtfertig getroffen hat. Aber nach wochenlangen, intensiven Gesprächen zwischen Partei, Fraktion und Senatsverwaltung sehen auch wir keine andere Möglichkeit mehr, als diesen traurigen Schritt zu gehen.

Kein Wort über das von seinen Ärzten unterstützte Angebot Kirchners, bereits ab September oder Oktober wieder schrittweise zurückzukehren, kein Wort über dir günstige Prognose, nach der Kirchner bereits im Frühjahr wieder voll einsatzfähig sein könnte.(…)“


 

Pankower Grüne wurden nicht informiert

Auch hatte man den Pankower Kreisverband, dem Kirchner angehört, kein Sterbenswörtchen über den über die geplante Entlassung mitgeteilt. Das Pankower Mitglied des Landesvorstands blieb bei der Entscheidung ebenfalls außen vor.
 


 

Um so heftiger schlug die Nachricht bei den Pankower Grünen ein.

„Wir Pankower Grünen, schrieb der Kreisvorsitzende Jens Haustein auf Nachfrage der Prenzlberger Stimme, „haben davon heute aus der Presse erfahren und sind natürlich entsetzt. Andreas Otto hat sich ja schon in der Morgenpost geäußert. Dem schließen wir uns an.“

Andreas Otto, Mitglied der grünen Abgeordnetenhausfraktion, hatte gegenüber der Morgenpost erklärt: „Den besten Verkehrsfachmann in Berlin rauszuschmeißen, weil er krebskrank ist und vielleicht noch ein paar Wochen bis zur Genesung braucht, das macht man nicht“.
 

Krisentreffen am Freitagmorgen

Am Freitag Morgen traf sich der Pankower Kreisvorstand zu einer Krisensitzung. Mit dabei waren die Mitglieder des Abgeordnetenhauses Andreas Otto und Bettina Jarrasch, die BVV-Fraktionsvorsitzende Cordelia Koch und der Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar.
Über die Einzelheiten des dreistündigen Treffen wollte niemand konkret Auskunft geben, doch kurz nach dem Ende der Beratungen versandte der Pankower Grünen-Vorstand eine Mitgliederrundmail mit folgendem Wortlaut:
 


Liebe Freundinnen und Freunde,

bestimmt habt Ihr alle aus der Presse entnommen, dass unser Staatssekretär Nilson Kirchner gegen seinen Willen aus gesundheitlichen Gründen am nächsten Dienstag in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden soll.

Mit Unverständnis und Entsetzen hat der Kreisvorstand diese Information zur Kenntnis genommen, weil diese Entscheidung sowohl aus fachlichen als auch aus moralischen Gründen falsch und nicht nachzuvollziehen ist. Es steht außer Frage, dass Nilson seit vielen Jahren mit der Materie mehr als vertraut und tief verwurzelt ist. Seine Kompetenz in seinem Ressort ist über die Grenzen Berlins anerkannt und das Thema Verkehr wird mit ihm in Berlin personifiziert. Diese Einschätzung haben wir auch so bereits am Mittwoch gegenüber dem Landes- und Fraktionsvorstand zum Ausdruck gebracht.

Heute Morgen hat sich der Pankower Koordinierungsrat getroffen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Wir werden den Landesvorstand noch am Wochenende zu einem Krisengespräch nach Pankow einladen.


 

Interimsstelle für den vorgesehenen Nachfolger

Mittlerweile zeichnet sich ab, dass auf Grund der von allen Seiten hereingebrochenen Empörung eine vernünftige Lösung gefunden werden könnte.

So will Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Bündnis 90/ Die Grünen), die als Bürgermeisterin auch stellvertretende Regierungschefin des Landes Berlin ist, auf der Senatssitzung am Dienstag, auf der eigentlich Kirchners Versetzung in den einstweiligen Ruhestand beschlossen werden sollte, vorschlagen, für den von Senatorin Günther als Kirchner-Nachfolger geworbenen Ingmar Streese eine neue Stelle zu schaffen. Diese Stelle soll zwar den beiden Staatssekretären Kirchner und Tidow ebenbürtig sein – allerdings nicht formal mit dem Titel eines Staatssekretärs versehen werden.
Die Einrichtung einer dritten vollwertigen Staatssekretärsstelle soll dem Vernehmen nach schon vor einigen Wochen vom regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) abgelehnt worden sein.

 

 

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2 Kommentare zu “Kehrtwende im Fall Kirchner?”

  1. Gut, dass die Pankower Grünen ( als stärkster ? Verband ) sich das nicht bieten lassen.

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  2. Als Pankower kenne und achte ich ihn – nicht nur ob seines langjährigen Engagements für Abenteuerspielplätze im Stadtbezirk!

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